mitDemenzleben Folge 8 – Psychotherapie in der Begleitung von Menschen mit Demenz

In der neuen Folge von mitDemenzleben spricht Sophie Rosentreter über Psychotherapie in der Begleitung von Menschen mit Demenz und ihren An- und Zugehörigen. Erfahren Sie, welche Möglichkeiten es gibt und bis zu welchem Stadium der Demenz eine solche Therapie hilfreich sein kann.

Text zum Video

Hallo, ich bin Sophie Rosentreter und dies ist mein Videoblog mitDemenzleben.

Heute möchte ich über eine Berufsgruppe sprechen, die bei weitem nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die sie verdient: Psychotherapeuten in der Begleitung von Menschen mit Demenz und pflegenden An- und Zughörigen.

Hätte man das damals unserer Familie empfohlen, dann hätte meine demenziell veränderte Großmutter gesagt: „Ich? Ich bin doch nicht krank!“ Meine Mutter hätte gesagt „Wann soll ich das denn noch machen?“ und ich hätte gesagt „Okay, dann eben nicht!“ Heute bin ich schlauer. Mittlerweile habe ich viele von diesen tollen Menschen kennengelernt und weiß, sie sind ein Segen.

Wir haben folgende problematische Ausgangssituation:

  • Der Anteil der Menschen über 60, die   sich psychotherapeutisch behandeln lassen, liegt bei unter 5 Prozent …
  • Depressive ältere Patienten gehen zum Hausarzt, weil sie Symptome haben. Und diese Symptome sind meist körperlicher Natur und werden dann eben auch so behandelt. Falsche Anlaufstelle.
  • Dann haben wir das Problem, dass das Suizidrisiko bei den Menschen über 65 stark steigt. Da gibt es eine Studie, die ist von 1997 von Woltersdorf und die besagt, dass 48 von 100.000 Menschen sich das Leben nehmen. Ich kann mir vorstellen, dass in dieser Zeit die Zahl noch deutlich steigt.
  • Dann haben wir das Problem: Depression und Demenz sind die beiden häufigsten Erkrankungen bei den Menschen über 65. Da geht es um das seelische- und nicht das körperliche Wohl.

Deshalb ist es so wichtig, Hilfe anzunehmen, und es gibt mittlerweile ganz tolle Anlaufstellen, aber ich möchte heute über die Psychotherapeuten sprechen.

Und die helfen, dass man aus diesem berühmt-berüchtigten Teufelskreis rauskommt. Ich zeig den mal und hoffe, man kann es lesen. Zuerst bemerkt man die Gedächtnisprobleme. Was macht man dann? Man macht sich negative Gedanken. Dann kommt die Wut, die Angst und die Scham hoch. Und was macht man dann? Man zieht sich zurück, wird passiv, baut eine Fassade auf. Das führt dazu, dass eine Reduktion positiver Aktivitäten stattfindet. Und dann geht‘s weiter: Das Gedächtnis wird noch schlechter.

Und genau hier gilt es, Hilfe anzunehmen. Die Therapeuten haben drei Grundregeln, mit denen sie arbeiten.

Das ist einmal:

  • Wir reden miteinander, nicht übereinander.
  • Wir lassen Defizite nicht unkommentiert stehen, wir sprechen darüber.
  • Dann: Wir sparen nicht mit Lob und positiver Verstärkung.

So gehen die daran. Das ist ganz wunderbar. Das ist jemand, der mit mir eben auch auf die Ressourcen guckt, sich die Defizite anschaut, die Sachen mit mir benennt – dann aber guckt, was können wir daraus machen, wie können wir damit umgehen.

Ganz toll ist: Es gibt Einzeltherapien, Therapien mit dem Menschen mit Demenz und dem pflegenden Angehörigen zusammen und dann auch Gruppentherapien.

Da gibt es die positive Aktivitätenplanung, die sieht man hier. Was will ich, was willst du und wo kommen wir zusammen? Da ist es ganz wichtig für Menschen mit Demenz, auch mal zu sagen “Nee, ich will auch was alleine machen” wenn es sich richtig anfühlt. Gleiches gilt auch für die pflegenden An- und Zugehörigen. Das muss man aber auch lernen. Genauso muss man auch die Kommunikation erlernen – mit sich selber, mit dem Gegenüber, aber auch mit der Umgebung. Da gilt es auch, zu lernen, das Wort Demenz auszusprechen, zu wissen, was dahintersteckt, den Krankheitsverlauf zu kennen und darüber reden zu können. Mit dem Gegenüber, mit den Freunden, mit der Familie, mit dem Bekanntenkreis, aber vielleicht auch mit dem Bäcker oder dem Busfahrer. Dann lernt man die Stressbewältigung, Problemlösetraining, man lernt den Umgang mit Gedächtnisschwierigkeiten.

Das Ziel ist, die Depression zu verringern, auch und gerade bei den pflegenden Angehörigen. Nur wenn sie stark sind, können sie eine Stütze sein. Es geht um Verhaltensaktivierung, Angstreduktion, soziale Kompetenzen, Problemlösekompetenzen und, nochmal, die Schulung von pflegenden An- und Zugehörigen. Man kann Therapiemöglichkeiten als Mensch mit Demenz bis zur mittleren Demenz durchaus nutzen und so seinen Alltag und sein Seelenwohl verbessern. Ich habe viele von diesen Therapeuten kennengelernt und bin begeistert von ihrem Werk, ihrem Schaffen. Nutzen Sie dieses Seelenpflaster!