Startseite > Pflege > Grundpflege – grundpflegerische Maßnahmen > Pflege bei Inkontinenz
Inkontinenz bezeichnet die fehlende Fähigkeit, Harn und/oder Stuhl zu halten und kontrolliert auszuscheiden. Es ist naturgemäß ein schambehaftetes Thema. Bei der Pflege eines inkontinenten Menschen ist es daher wichtig, nicht nur die richtigen Pflegehilfsmittel zu benutzen, sondern auch viel Einfühlungsvermögen und Taktgefühl zu haben. Immerhin fällt es vielen Betroffenen schwer, überhaupt Hilfe zu akzeptieren. Dabei ist Inkontinenz in der Pflege nichts Ungewöhnliches: Schätzungen zufolge leiden mehr als 60 Prozent der Kunden ambulanter Pflegedienste darunter. Bei Heimbewohnerinnen und -bewohnern ist der Anteil sogar noch höher.
Zu beachten ist allerdings, dass Inkontinenz an sich noch keinen Anspruch auf Pflegekassenleistungen bedeutet. Um einen Pflegegrad zu erhalten, müssen Sie im Rahmen einer Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) nachweisen können, dass Sie aufgrund körperlicher, kognitiver oder psychischer Einschränkungen Hilfe im Alltag benötigen (ausführliche Informationen dazu finden Sie hier). Sofern Sie tatsächlich auf Hilfestellung angewiesen und damit leistungsberechtigt sind, können Sie aber auch im Hinblick auf Ihre Inkontinenz pflegerische Unterstützung erhalten.
Sowohl die Harn- als auch die Stuhlinkontinenz haben verschiedene Formen und Schweregrade. Die Ursachen können ebenfalls ganz unterschiedlich sein und reichen von geschwächter Beckenbodenmuskulatur bis hin zu einer Nervenstörung, beispielsweise nach einem Schlaganfall. Bereits bei den ersten Anzeichen einer Harninkontinenz sollten Sie einen Urologen aufsuchen, damit die Ursache geklärt und eine Behandlung eingeleitet werden kann. Bei Stuhlinkontinenz sollten Sie zunächst einmal zu Ihrem Hausarzt oder aber direkt zu einem Proktologen (Facharzt für Erkrankungen des Enddarms) gehen. Möglicherweise wird auch ein Neurologe beziehungsweise ein Neuro-Urologe einbezogen werden müssen, falls eine neurologische Ursache für die Inkontinenz vermutet wird.
Belastungsinkontinenz
Bei der Belastungsinkontinenz, auch Stressinkontinenz genannt, kommt es zu unfreiwilliger Urinausscheidung bei körperlicher Anstrengung, zum Beispiel beim Niesen, Husten, Lachen oder beim Heben eines schweren Gegenstands. Oft ist eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur der Grund. Die Belastungsinkontinenz ist die häufigste Form von Harninkontinenz und betrifft meist Frauen.
Dranginkontinenz
Bei der Dranginkontinenz spüren Betroffene bereits bei einer geringen Urinmenge in der Blase einen starken Harndrang. Dieser tritt plötzlich auf und führt meist zu einer unfreiwilligen Blasenentleerung, bevor die Toilette erreicht werden kann. Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Reflexinkontinenz
Im Falle der Reflexinkontinenz spüren Betroffene nicht, dass ihre Blase voll ist. Diese entleert sich dann automatisch. Die Ursache für diese Form der Inkontinenz ist eine Nervenstörung, die beispielsweise nach einem Schlaganfall oder im Rahmen einer Demenzerkrankung auftritt.
Überlaufinkontinenz
Die Überlaufinkontinenz zeichnet sich dadurch aus, dass die Blase stets voll ist und immer wieder kleine Urinmengen aus ihr austreten – sozusagen überlaufen. Betroffene verspüren einen ständigen Harndrang. Häufig ist eine Prostatavergrößerung die Ursache für diese Inkontinenzform.
Bei der Stuhlinkontinenz gibt es zwei Möglichkeiten:
Ursachen für Stuhlinkontinenz können eine Afterschließmuskel-Schwäche, eine Nervenstörung oder eine chronische Stuhlverstopfung sein.
Die Haut im Intimbereich inkontinenter Menschen ist oft sehr sensibel und anfällig für Irritationen, da der Kontakt mit den Ausscheidungen die Hautbarriere schädigt. Bei häufigem und länger andauerndem Hautkontakt können Harn und Stuhl zu Ausschlägen, Ekzemen und Entzündungen führen. Schlecht gewählte Pflegeprodukte können die Symptomatik zusätzlich verschlimmern. Hinzu kommt, dass sich die Betroffenen meist in einem höheren Lebensalter befinden und ihre Haut dementsprechend weniger regenerationsfähig ist. Umso wichtiger ist es, den Intimbereich regelmäßig und mit den richtigen Pflegemitteln zu reinigen. Hautpflegemittel finden Sie hier.
Tipp: Toilettenstuhl
Gerade bei nächtlicher Inkontinenz kann ein sogenannter Toilettenstuhl Abhilfe schaffen. Dabei handelt es sich um einen Stuhl mit einer Sitzöffnung, unter der ein abnehmbarer Auffangbehälter angebracht ist. Der Toilettenstuhl fungiert als mobiler WC-Ersatz und kann etwa direkt neben dem Bett platziert werden, um bei Dranggefühl das drohende „Unglück“ durch die schnelle Erreichbarkeit zu vermeiden.
Inkontinenz kann für Betroffene eine große psychische Belastung sein. Oft mindert sie das Selbstwertgefühl und löst Scham sowie Ängste aus. Schließlich empfindet es eine erwachsene Person als entwürdigend, etwa Windeln tragen zu müssen und sich diese von jemandem wechseln zu lassen. Und stets aufpassen zu müssen, dass kein Malheur passiert. Umso wichtiger ist es, dass sich pflegende Angehörige und Pflegekräfte taktvoll verhalten und viel Fingerspitzengefühl an den Tag legen. Folgendes sollten Sie als Pflegender unbedingt beachten:
Demenz und Inkontinenz treten häufig zusammen auf. Das liegt zum einen daran, dass beide Erkrankungen besonders bei älteren Menschen verbreitet sind. Zum anderen können sie auch ursächlich miteinander zusammenhängen: Im Verlauf einer Demenzerkrankung werden nicht selten Hirnregionen zerstört, welche die Blase steuern.
Des Weiteren kann es passieren, dass ein demenziell veränderter Mensch die Toilette nicht finden kann – auch wenn er sich in seiner eigenen Wohnung befindet – und seinem Dranggefühl an Ort und Stelle nachgibt. Möglich ist aber auch, dass sich der oder die Betroffene weigert, das WC zu nutzen und stattdessen etwas anderes in der Wohnung für die Verrichtung der Notdurft zweckentfremdet – nicht aus Boshaftigkeit, sondern aufgrund geistiger Verwirrtheit. Zwar handelt es sich in solchen Fällen strenggenommen nicht um Inkontinenz, doch aus Sicht der pflegenden Angehörigen oder des Pflegepersonals ist es die gleiche Problematik. Folgende Tipps können hier hilfreich sein:
Ein gesunder Lebensstil spielt bei der Prävention von Inkontinenz eine wichtige Rolle. Wer sich ausgewogen ernährt und sich ausreichend bewegt, reduziert das Risiko, inkontinent zu werden.
Um Blasenschwäche gezielt zu vermeiden oder zu mindern, empfiehlt sich Beckenbodengymnastik zur Stärkung der Beckenbodenmuskulatur. Mit speziellen Übungen können Betroffene die entsprechenden Muskeln trainieren und den Schließdruck der Harnröhre verbessern. Frauen haben hier auch die Möglichkeit, ihre Beckenbodenmuskeln durch das Heben von Gewichten mit der Vagina zu stärken. Beckenbodenübungen mit detaillierter Anleitung finden Sie zum Beispiel hier. Bevor Sie jedoch mit den Übungen beginnen, sollten Sie Ihre Trainingspläne mit einem Arzt, einem Physiotherapeuten oder mit Ihrer Pflegekraft besprechen.
Eine ausgewogene Ernährung, die viel Obst und Gemüse einschließt, ist ebenfalls sehr wichtig. Damit beugen Betroffene Übergewicht und Verstopfung vor. Beides kann eine Harninkontinenz begünstigen, da die entstehende Belastung den Beckenboden schwächt.
Info: Ausreichend trinken ist wichtig!
Viele harninkontinente Menschen trinken bewusst nicht viel, damit sie wenig Wasser lassen müssen. Dies ist allerdings ungesund und kann beispielsweise Harnweginfektionen begünstigen. In extremen Fällen kann es sogar zu einer Austrocknung des Körpers (Dehydrierung) kommen. Die damit verbundenen Symptome reichen von trockener Haut über Herzrasen und Schwindel bis hin zu Bewusstseinsstörungen. Lesen Sie mehr dazu in unserem Artikel „Dehydrierung & Prophylaxe“. Die Trinkmenge zu reduzieren, ist also keine Lösung!
Für Menschen mit Inkontinenz bietet der Markt verschiedene Arten von Pflegehilfsmitteln. Welches Produkt das richtige für die eigene Situation ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Zu ihnen zählen in erster Linie das Geschlecht, die Art und Schwere der Inkontinenz sowie die Mobilität der Betroffenen. Wir verschaffen Ihnen im Folgenden einen allgemeinen Überblick über die meist genutzten Inkontinenz-Hilfsmittel. Bei Ihrer Produktwahl sollte Sie sich von Ihrem Hausarzt oder Ihrer Pflegekraft eingehend beraten lassen. Möglicherweise wird die pflegebedürftige Person zunächst einmal mehrere verschiedene Hilfsmittel ausprobieren müssen, bis sie eines gefunden hat, das sie als sicher und zugleich bequem empfindet. Inkontinenzprodukte finden Sie beispielsweise hier.
Info: Kosten für Inkontinenz-Hilfsmittel
Sofern ein Arzt das erforderliche Inkontinenz-Hilfsmittel verordnet, wird es von der Krankenkasse erstattet. Sie müssen lediglich zehn Prozent der Kosten selbst tragen, maximal jedoch zehn Euro im Monat. Zu beachten ist allerdings, dass die Kassen Festbeträge für verschiedene Hilfsmittel, einschließlich Inkontinenz-Produkte, festgelegt haben, welche die Höhe des Erstattungsanspruchs bestimmen und seit dem 01.01.2005 gelten. Sollten Sie Produkte kaufen, die den jeweiligen Festbetrag überschreiten, müssen Sie die Mehrkosten selbst tragen.
Die Qualität aufsaugender Inkontinenz-Produkte hat sich in den vergangenen Jahren erheblich verbessert. Viele von Ihnen haben inzwischen einen sogenannten Superabsorber. Dabei handelt es sich um bestimmte Chemikalien, die den Urin in ein spezielles Gel umwandeln. Dieses verhindert Geruchsbildung und sorgt zudem dafür, dass der Harn auch bei Druck nicht ausläuft. Aufsaugende Inkontinenzprodukte eignen sich prinzipiell sowohl für Frauen als auch für Männer sowie auch für Kinder. Sie gliedern sich in ein- und zweiteilige Systeme.
Bei den zweiteiligen Systemen, auch offene Systeme genannt, saugt entweder eine Einlage oder eine Vorlage den Urin auf. Beide Hilfsmittel werden in der Intimbekleidung fixiert.
Einteilige Systeme, auch als geschlossene Systeme bezeichnet, sind Hilfsmittel, welche die Hüfte komplett umschließen und keine äußere Fixierungsmöglichkeit benötigen.
Diese Inkontinenz-Hilfsmittel leiten den Urin oder den Kot in einen Auffangbeutel ab. Dabei unterscheidet man zwischen invasiven (in den Körper eingreifend) und nichtinvasiven Systemen.
Mit invasiven Systemen sind hier Blasenkatheter gemeint. Diese stellen Röhrchen dar, welche in die Blase eingeführt werden und den Urin in einen Beutel leiten. Sie eignen sich für beide Geschlechter sowie auch für Kinder. Für Menschen, die häufig unterwegs sind, empfiehlt sich ein Katheter mit Beinbeutel, der am Ober- oder Unterschenkel befestigt wird. Bei Personen, die an nächtlicher Inkontinenz leiden oder bettlägerig sind, wird der Beutel am Bett angebracht. Bei Blasenkathetern wird zwischen drei Grundarten unterschieden:
Funktionell-anatomische Inkontinenz-Hilfsmittel dienen nicht dazu, unfreiwillige Ausscheidungen aufzufangen und zu speichern, sondern diese von vornherein möglichst zu verhindern. Sie kompensieren ursächliche funktionelle Störungen im Körper, die beispielsweise auf eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur nach einer Schwangerschaft zurückzuführen sind.
Vaginaltampons
Vaginaltampons, auch als Inkontinenztampons bezeichnet, ähneln gewöhnlichen Tampons für die Monatshygiene und werden ebenfalls in die Scheide eingeführt. Sie heben die vordere Scheidenwand an und stützen dadurch den Blasenhals, was einen unfreiwilligen Urinverlust verhindert. Vaginaltampons können bis zu zwölf Stunden in der Scheide verbleiben.
Pessare
Pessare, auch Gebärmutterzapfen genannt, sind kleine, aus Silikon oder Naturkautschuk gefertigte Ringe, Schalen oder Würfel, die ähnlich wie Vaginaltampons funktionieren: Auch sie werden in die Scheide eingeführt, um durch Druck auf die Scheidenwand die Harnröhre zu stützen und so vor ungewolltem Harnverlust zu schützen. Würfelpessare können Nutzerinnen selbst wechseln. Es wird empfohlen, sie morgens einzusetzen und abends wieder herauszunehmen, damit sich die Vaginalhaut über Nacht erholen kann. Ring- und Schalenpessare werden hingegen von einem Arzt oder einer Ärztin eingeführt und nur alle sechs bis acht Wochen gewechselt.
Harnröhrenstöpsel
Der Harnröhrenstöpsel oder Harnröhren-Plug ist ein kleiner, mit Gel gefüllter Stab für den Einmalgebrauch, den sich Frauen mit Stress- oder Belastungsinkontinenz in die Harnröhre einführen. Die Gelmasse dehnt sich darin aus und verschließt den Harnausgang. Beim Harnröhrenstöpsel handelt es sich um ein relativ neues Inkontinenz-Hilfsmittel, das in den USA entwickelt wurde.
Neben Fäkalkollektoren sind auch Windeln für Erwachsene sowie Vorlagen mit Netzhose gut geeignet für den Schutz bei Stuhlinkontinenz. Bei letzterer Variante muss die Vorlage eng anliegen, sodass auch breiiger Stuhl aufgefangen wird. Inkontinenz-Pants und -Slips sind dagegen weniger zu empfehlen, da sie breiigen Kot nicht so gut speichern können.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Analtampons oder Analstöpsel zu verwenden, die in den Anus eingeführt werden und diesen verschließen. Sofern Betroffene die Tampons oder Stöpsel nicht als unangenehm empfinden, können sie eine praktische Lösung sein, denn sie lassen sich leicht reinigen und mehrfach nutzen.
Tipp: Inkontinenzauflagen
Inkontinenzauflagen, auch Bettschutzeinlagen genannt, sind wasserdichte Unterlagen für das Bett, welche die Matratze vor unkontrolliert ausgeschiedenem Urin schützen. Sie empfehlen sich insbesondere für Menschen mit nächtlicher Inkontinenz. Diese Hilfsmittel sind aus verschiedenen Materialien gefertigt und in unterschiedlichen Größen zu haben. Erhältlich sind sie nicht nur in Sanitätshäusern oder Geschäften für Bettzubehör, sondern auch über Online-Shops und Onlineversandhändler wie Amazon.
Weiterführende Informationen: Lesen Sie auch unsere drei Experteninterviews zum Thema Inkontinenz. Dort finden Sie weitere Informationen zu Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten und Prophylaxe sowie nützliche Pflege- und Ernährungstipps.
In unserem Pflegehilfsmittel-Vergleichs-Portal finden Sie ein umfangreiches Sortiment an Hilfsmitteln und Sanitätsprodukten. Von Pflegehilfsmitteln, die den Alltag für Pflegebedürftige und Pflegepersonen erleichtern, über Gehhilfen und Gesundheitsschuhe bis zu medizinischen Geräten.
Die von uns gelisteten Anbieter wurden einer umfangreichen Überprüfung unterzogen. So können Sie sicher sein, dass Sie nur Produkte & Angebote seriöser Händler sehen.
Wir haben uns entschieden, Ihnen in Kooperation mit der Gutersohn-Apotheke eine sogenannte „Pflegebox“ ganz einfach zugänglich zu machen – in Apotheken-Qualität. Darin enthalten sind zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel im Wert von 40 Euro (während der Pandemie sogar 60 Euro), die Menschen ab Pflegegrad 1 monatlich zustehen. Alles, was Sie tun müssen, ist, den Antrag auszufüllen und an uns zu senden. Wir kümmern uns um die Abwicklung. Die Pflegekassen genehmigen die Box mit den Verbrauchshilfsmitteln für mindestens ein Jahr. Der Inhalt kann ganz einfach monatlich angepasst werden.
Schreiben Sie uns gerne, wenn Sie etwas in unserem Informationsportal vermissen oder einen Fehler entdecken. So können wir unser Angebot weiter verbessern. Unsere Redakteure freuen sich über jede Rückmeldung!