Barrierefrei umbauen und Stürze vermeiden

Der Wunsch vieler pflegebedürftiger Menschen ist es, so lange und gut wie möglich in dem gewohnten Zuhause leben zu können. Damit das selbstständige und selbstbestimmte Leben weiterhin möglich ist, sind besonders zwei Faktoren entscheidend:  Zum einen muss die häusliche Mobilität sichergestellt werden; dazu gehören insbesondere die tägliche Körperhygiene im Bad, aber auch beispielsweise die Essenszubereitung in der Küche. Andererseits geht es vor allem auch um Sturzprophylaxe, also Unfall- und Sturzrisiken so weit wie möglich zu reduzieren.

Laut statistischem Bundesamt sind nur 2 Prozent aller Wohnungen und Häuser aktuell annähernd barrierefrei und von den 9.373 Menschen die 2017 an einem Sturz im Haushalt gestorben sind, waren über 5.000, also mehr als die Hälfte, über 85 Jahre alt. Das verdeutlicht, wie wichtig es ist, Barrieren zu reduzieren und Sturzgefahren zu beseitigen. Mit den notwendigen Umbauten und prophylaktischen Maßnahmen sind Pflegebedürftige und deren Angehörige aber häufig überfordert, nicht nur organisatorisch, sondern oft auch finanziell. 

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Wichtig ist daher eine kompetente Beratung von Anfang an. Zudem gibt es verschiedene Möglichkeiten, auch eine finanzielle Unterstützung zu bekommen.
Hans Nolte von besser zuhause erklärt, dass Barrierefreiheit die beste Sturzprophylaxe ist und welche kleinen und großen Maßnahmen das Eigenheim sicherer machen.

Herr Nolte, viele Stürze finden im Badezimmer statt. Welche Umbaumaßnahmen sollten dort erfolgen, damit die Sturzgefahr bestmöglich reduziert wird?

Tatsächlich ist die Badewanne oft eine Sturzgefahr, auch der Ein- und Ausstieg sind häufig eine große Herausforderung. Hilfreich kann der Umbau gegen eine möglichst flache Dusche sein. Für die Sicherheit sollte dann auch ein eingebauter Klappsitz oder mindestens ein standfester Hocker vorgesehen werden. Wenn ein solcher Umbau nicht möglich ist, gibt es auch spezielle Türen, die in die Bestandswanne eingebaut werden und den Einstieg leichter machen.

Hans Nolte

Leiter der Kooperationen von besser zuhause

Welche weiteren Produkte können für eine Sturzvermeidung im Bad sinnvoll sein?

Für das WC gibt es Stützklappgriffe, die das Setzen und Aufstehen deutlich sicherer machen. Unterfahrbare Waschtische haben integrierte Haltegriffe für den sichern Stand zum Beispiel beim Zähneputzen. Wichtig und häufig vergessen: Rutschgehemmte Böden. Hier kann sehr einfach und nachträglich eine Rutschhemmung auf glatte Fliesen oder Duschwannen aufgebracht werden, um einen sicheren Stand zu ermöglichen.

Gibt es Möglichkeiten, die Treppe sicherer zu machen?

Um die Sicherheit auf der Treppe zu verbessern, sollte der Belag trittfest sein, alle beweglichen Teppichauflagen sollten vermieden werden. Seitliche Handläufe können zusätzlichen Halt geben und auch das Treppensteigen erleichtern. Wenn es die räumlichen Voraussetzungen erlauben, kann auch ein Treppenlift in Betracht kommen. Hier empfehle ich aber dringend, sich zunächst unabhängig beraten zu lassen und dann immer mehrere Angebote einzuholen. In einigen Fällen kann auch ein gebrauchtes Modell interessant sein, um Kosten zu minimieren und trotzdem für mehr Sicherheit in der eigenen Häuslichkeit zu sorgen.

Was kann man selbst tun, um die Sturzgefahr zu Hause zu reduzieren? Haben Sie hierzu Tipps?

Es empfiehlt sich immer einen genauen „Rundgang“ (auch bei Dunkelheit zur Prüfung der vorhandenen Beleuchtung!) zu machen, um dabei kleine aber bisher vielleicht unbemerkte Sturzrisiken zu entfernen. Dazu zählen zum Beispiel: Stromkabel, das herumliegende Spielzeug von Haustieren oder auch Teppichläufer. Bei größeren Teppichen helfen rutschhemmende Matten. Zudem sollten sturzgefährdete Personen auch in Haus oder Wohnung Schuhwerk tragen, das ihnen einen sicheren Stand ermöglicht.

Was halten Sie von technischen Hilfsmitteln wie Sturzmeldern? Sind sie überhaupt noch nötig, wenn das Zuhause barrierefrei gemacht wurde?

Ein Sturz kann trotz aller Vorsichtsmaßnahmen immer passieren, daher sind technische Hilfsmittel trotzdem sinnvoll. Neben der bekannten Sturzmeldung über den Hausnotruf, entstehen aktuell sehr viele neue und innovative Sturzmelde-Systeme, die in eine Uhr oder smarte Brille integriert werden. Hier ist die Apple Watch ein gutes Beispiel, die bei einem Sturz, den sie automatisch erkennt, den Notfallkontakt kontaktiert. Andere Lösungen registrieren einen Sturz beispielsweise über auffällige Bewegungen im Wohnraum – ohne Kamera. Sie merken, in den nächsten Jahren werden hier viele weitere vor allem digitale Systeme auf den Markt kommen und das Leben zuhause sicherer machen.  

Welche finanziellen Hilfen und Ansprüche gibt es für Maßnahmen zur Sturzvermeidung in Haus oder Wohnung?

Jeder ambulant Pflegebedürftige hat nach §40 SGB XI Anspruch auf bis zu 4.000 € brutto für sogenannte wohnumfeldverbessernde Maßnahmen. Dazu zählen auch viele Umbauten im Bad oder anderen Räumen zur Sturzvermeidung, die nach unserer Erfahrung von den Pflegekassen erstattet werden. Auch mit der finanziellen Unterstützung durch Berufsgenossenschaften haben wir positive Erfahrungen gemacht, wenn die Pflegebedürftigkeit aufgrund eines Arbeitsunfalls besteht. Zudem gibt es oft regionale Programme der Bundesländer und bundesweite von der KfW. Auch Vermieter, wie Wohnungsbaugenossenschaften, beteiligen sich zum Teil an den entstehenden Kosten.

Kann ich mir Produkte zur Sturzreduzierung auch vom Arzt verordnen lassen?

Ja, teilweise schon, da sollte einfach nachgefragt werden. So gibt es zum Beispiel sehr hilfreiche Haltegriffe für das Bad, die mit stabilen Saugnäpfen befestigt werden und vom Arzt als Pflegehilfsmittel verschrieben werden können. Duschhocker ebenfalls.

Der Tipp unseres Experten: Ein Fehler, den wir oft beobachten, ist, dass mit Maßnahmen zur Wohnverbesserung oder Sturzprophylaxe zu lange gewartet wird. Daher der Tipp: Warten Sie nicht, bis es „wirklich nicht mehr geht“ oder ein erster Sturz bereits passiert ist. Besser und entspannter für alle Beteiligten ist es, hier frühzeitig und vorausschauend aktiv zu werden.

Weiterführende Infos: Es gibt noch viele weitere Maßnahmen, um Sturzrisiken zu verringern. Lesen Sie dazu auch unsere anderen Experteninterviews zum Thema Sturzprophylaxe. Zum großen Komplex des altersgerechten Umbaus finden Sie jede Menge hilfreiche Informationen im Bereich „Barrierefrei im eigenen Zuhause“.

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