Medikamentengabe durch einen Pflegedienst

Die Medikamentengabe ist ein großes und wichtiges Thema in der ambulanten Pflege. In dieser so unauffällig erscheinenden Tätigkeit steckt eine große Verantwortung. Immerhin muss sichergestellt werden, dass Patienten ihre – manchmal lebenswichtigen – Medikamente zu bestimmten Zeiten und in der verordneten Form einnehmen. Oft können die Angehörigen der Betroffenen aus Zeitgründen nicht das Verabreichen der Arznei oder das Kontrollieren der Einnahme übernehmen und sind daher dankbar, wenn sich eine Pflegefachkraft darum kümmert.   
 
Mechthild Plümpe, Pflegedienstleiterin beim ambulanten Pflegedienst Thomas Rehbein in Wiesbaden, klärt im Interview unter anderem darüber auf, warum eine Medikamentengabe durch einen Pflegedienst in vielen Fällen sehr sinnvoll ist, was es bei der Erstattung dieser Leistung durch die Kassen zu beachten gibt und was Betroffene selbst tun können, um sicherzustellen, dass sie ihre Medikamenteneinnahme nicht vergessen. 

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Frau Plümpe, warum ist eine Medikamentengabe durch einen mobilen Pflegedienst sinnvoll?

Eine Medikamentengabe durch einen ambulanten Pflegedienst kann aus den unterschiedlichsten Gründen sinnvoll sein. Der Dienst stellt zunächst einmal sicher, dass die Medikamente überhaupt genommen werden. Es lässt sich nämlich nie ausschließen, dass Betroffene die Einnahme auch mal vergessen.

Manchmal ist ein Mensch zudem motorisch nicht dazu in der Lage, die Verpackung zu öffnen, und braucht Hilfe. Das kann auch dann der Fall sein, wenn eine Sehbehinderung vorliegt. 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Wirkstoffe über- beziehungsweise unterdosiert werden können. Beides kann unter Umständen schlimme oder gar verheerende Folgen haben. Daher sind sowohl der verordnende Arzt als auch die Angehörigen des Patienten in vielen Fällen froh, wenn eine Pflegefachkraft die Medikamente verabreicht oder deren Einnahme zumindest kontrolliert.

Der regelmäßige Besuch zwecks Medikamentengabe dient außerdem dazu, den Allgemeinzustand des Pflegebedürftigen einzuschätzen und gegebenenfalls zu schauen, ob und wie gut die Arznei wirkt. Die Pflegekraft kann dabei auch etwaige Nebenwirkungen feststellen. Diese Kontrolle ist bei vielen Medikamenten von großer Wichtigkeit, zum Beispiel wenn ein Schmerzmittel genommen wird.  

Mechthild Plümpe

Mechthild Plümpe

examinierte Altenpflegerin und Pflegedienstleiterin beim ambulanten Pflegedienst Thomas Rehbein in Wiesbaden

Wer trägt die Kosten für die Medikamentengabe durch einen Pflegedienst?

Die Kosten für eine Medikamentengabe durch einen Pflegedienst übernimmt die Krankenkasse, sofern der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin eine „Verordnung häuslicher Krankenpflege“ ausgestellt hat. Auf der Verordnung steht die Diagnose, welche die Medikamentengabe notwendig macht. Die Diagnose muss verordnungsrelevant sein. Wenn zum Beispiel jemand eine Schmerzmedikation wegen chronischer Schmerzen in den Hüftgelenken braucht und als Diagnose Arthrose der großen Gelenke genannt ist, wird die Verordnung nicht genehmigt. Hingegen wären etwa Demenz oder Polyneuropathie in den Fingern verordnungsrelevante Diagnosen.

Zusammen mit der Verordnung muss immer ein aktueller, von der Arztpraxis ausgestellter Medikamentenplan an die Versicherung geschickt werden, auf dem exakt beschrieben ist, in welcher Dosierung und Darreichungsform das Medikament verabreicht werden soll: oral (Tabletten, Brausetabletten, Aerosol-Spray, Tropfen), transdermal (Pflaster, Einreibung), anal oder vaginal (Suppositorien) oder in Form von Augen- oder Ohrentropfen. Wenn ein Bedarfsmedikament verschrieben ist, muss die Bedarfssituation und die Dosierung im Bedarfsfall beschrieben sein.

Das Einreichen der Verordnung ist an strenge Fristen gebunden. Werden diese Fristen nicht eingehalten, wird die Genehmigung von der Versicherung verweigert.  

Was können Patienten selbst dafür tun, um sicherzustellen, dass sie ihre Medikamente nicht vergessen oder falsch dosieren?

Ich empfehle den Service der Medikamenten-Verblisterung durch eine Apotheke. Hierbei werden die oral zu nehmenden Medikamente wochenweise in durchsichtige Tütchen eingeschweißt, geordnet nach Datum und Tageszeit. Sie sind korrekt nach individuellem Plan dosiert und hygienisch einwandfrei verpackt. Diese Methode ist zuverlässig und mindert die Fehlerquote bei der selbstständigen Einnahme der Tabletten enorm. Außerdem entfällt das Bestellen von Rezepten, weil dies im Service der Apotheke enthalten ist. Zu beachten ist allerdings, dass Betäubungsmittel, Brause- und Schmelztabletten sowie Suppositorien nicht verblistert werden dürfen.  

Können Angehörige des Patienten unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet werden, die Medikamentengabe zu übernehmen?

Die Angehörigen können die Durchführung prinzipiell vollständig dem Pflegedienst überlassen. Es könnte allerdings sein, dass sich die Krankenversicherung mit den Angehörigen in Verbindung setzt und nachfragt, ob diese die Medikamentengabe nicht selbst übernehmen könnten – insbesondere dann, wenn sie im selben Haushalt wohnen. Die Angehörigen sind allerdings nicht dazu verpflichtet. Zu den möglichen Gründen einer Ablehnung dieser Aufgabe zählt beispielsweise, dass auch Angehörige nicht zwangsläufig zur richtigen Einnahmezeit vor Ort sind oder auch dass sie die große Verantwortung für diese Tätigkeit schlichtweg nicht tragen wollen. 

Was ist zu beachten, wenn man demenzerkrankten Menschen Medikamente verabreicht?

Demenzkranke Menschen sind mit besonderem Einfühlungsvermögen zu versorgen. Sie verstehen oftmals nicht, warum eine fremde Person zu ihnen kommt und ihnen Medikamente gibt. Sie sind vielleicht der Auffassung, dass sie das doch alles selbst können. Sie haben das schließlich immer allein gemacht! In manchen Fällen empfinden sie die Medikamentengabe als unzulässige Bevormundung. Es kann aber auch passieren, dass sie aufgrund ihrer Erkrankung irrationale Ängste entwickeln, zum Beispiel vor Vergiftung.

Pflegepersonen und Pflegekräfte müssen zudem berücksichtigen, dass demenzkranke Menschen zeitlich und örtlich desorientiert sein können und dass der oder die für die Medikamentengabe zuständige Pflegende stets in eine völlig unpassende Situation „hineinplatzen“ könnte. Auf misstrauische Fragen seitens der demenziell veränderten Person muss man immer geduldig reagieren – auch dann, wenn immer wieder die gleichen Fragen gestellt werden.  

Der Tipp unserer Expertin: In manchen Fällen können Sie dem oder der Pflegebedürftigen das Schlucken der Medikamente  erleichtern, indem Sie die Arzneien in eine breiige Speise einmischen (natürlich mit dem Wissen und Einverständnis des oder der Betroffenen). Dabei müssen Sie aber unbedingt beachten, dass nicht alle Tabletten geteilt oder gemörsert werden dürfen. Manche Medikamente dürfen zudem nicht zusammen mit Milchspeisen eingenommen werden, zum Beispiel Antibiotika. Fachliche Auskunft dazu bekommen Sie in Apotheken.

Weiterführende Infos: Was es bei der Aufbewahrung von Medikamenten zu beachten gilt, erfahren Sie hier. Für mehr Informationen zum Thema Versorgung durch Pflegedienste, lesen Sie unseren Beitrag „Ambulante Pflege“.

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