Vorsorgevollmacht: Das müssen Sie beachten

Mit einer Vorsorgevollmacht erteilen Sie einer Person Ihres Vertrauens das Recht, wichtige Angelegenheiten für Sie zu regeln, falls Sie aus gesundheitlichen Gründen selbst nicht mehr dazu in der Lage sind. Je nachdem, welche Lebensbereiche die Vollmacht abdeckt, darf der oder die Bevollmächtigte beispielsweise darüber entscheiden, ob und welche medizinischen Maßnahmen an Ihnen durchgeführt werden sollen, Ihr Vermögen verwalten oder Sie gegenüber Banken, Behörden und Gerichten vertreten.  
 
Rechtsanwalt Markus Libera berät seit vielen Jahren seine Mandanten zu den Themen Vorsorge und Betreuung im Alter. In unserem Interview erklärt er, welchen Inhalt eine Vorsorgevollmacht haben sollte, worin sie sich von einer Betreuungs- und Patientenverfügung unterscheidet und welche Probleme beim Gebrauch von Vorsorgevollmachten in der Praxis auftreten.

Älteres Ehepaar kümmert sich um Vorsorgevollmacht

Herr Libera, wann tritt eine Vorsorgevollmacht in Kraft?

Im Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und bevollmächtigter Person wird – meistens mündlich, manchmal aber auch schriftlich – vereinbart, dass der oder die Bevollmächtigte nur dann tätig werden soll, wenn der Vollmachtgeber zum Beispiel aufgrund von Abwesenheit, Erkrankung oder Alter nicht mehr selbst handeln kann. Im Außenverhältnis wird die Vollmacht dagegen in der Regel unbeschränkt erteilt, sodass der oder die Bevollmächtigte gegen Vorlage der Vollmachtsurkunde sofort im Rechtsverkehr aktiv werden kann. Die Erteilung einer Vorsorgevollmacht setzt daher ein unbedingtes und uneingeschränktes persönliches Vertrauen zum Bevollmächtigten voraus.

Findet sich im Familienkreis keine geeignete Person oder ist das Vertrauensverhältnis nicht gegeben, kann auch ein Rechtsanwalt als externer Bevollmächtigter beauftragt werden. Höchstpersönliche Angelegenheiten, wie die Eheschließung, Scheidung oder Errichtung eines Testaments, sind von einer Vertretung mittels einer Vorsorgevollmacht freilich in jedem Fall ausgenommen.

Markus Libera

Rechtsanwalt für Seniorenrecht

Worin unterscheidet sich die Vorsorgevollmacht von einer Betreuungsverfügung oder einer Patientenverfügung?

Vielen Menschen sind die Unterschiede gar nicht bewusst, dabei können Missverständnisse weitreichende Folgen haben. In einer Vorsorgevollmacht wird der Bevollmächtigte ermächtigt, den Vollmachtgeber bei allen oder bestimmten Rechtsgeschäften zu vertreten, sodass der Bevollmächtigte Rechtsgeschäfte im Namen des Vollmachtgebers mit Wirkung für oder gegen diesen vornehmen kann. Dagegen äußert der Verfügende in einer Betreuungsverfügung lediglich einen Wunsch gegenüber dem Betreuungsgericht, wen das Gericht als gesetzlichen Betreuer bestellen oder nicht bestellen soll, falls eine rechtliche Betreuung für bestimmte Aufgabenkreise notwendig werden sollte. Und in der Patientenverfügung stellt der Verfügende gegenüber dem behandelnden Arzt klar, welche medizinischen Behandlungen er wünscht oder nicht wünscht, wenn ein bestimmter Krankheitszustand eingetreten ist.

Alle drei Erklärungen haben also etwas mit Vorsorge zu tun, sie betreffen aber unterschiedliche Regelungsbereiche. Im Idealfall nehmen die Regelungen aufeinander Bezug und ergänzen sich.  

Schließt eine wirksame Vorsorgevollmacht die gerichtliche Anordnung einer Betreuung aus?

Nach dem in § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB verankerten Subsidiaritätsgrundsatz ist die Anordnung einer Betreuung durch das Betreuungsgericht dann nicht erforderlich, wenn die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Daher wird das Betreuungsgericht bei Vorliegen einer wirksamen Vorsorgevollmacht in der Regel von der Bestellung eines gesetzlichen Betreuers absehen und eine bereits eingerichtete Betreuung unter bestimmten Voraussetzungen wieder aufheben.

Anders ist es jedoch, wenn der Bevollmächtigte nicht geeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen und hierdurch eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründet wird. Dann hilft auch eine wirksame Vollmacht nicht gegen die Anordnung einer rechtlichen Betreuung.

Wer kann eine Vorsorgevollmacht errichten?

Der Vollmachtgeber muss zum Zeitpunkt der Vollmachterteilung geschäftsfähig sein. Das heißt, er muss Rechtsgeschäfte selbstständig vollwirksam vornehmen können. Sollten hieran Zweifel bestehen, empfiehlt es sich für den Betroffenen, ein Gutachten zu seiner Geschäftsfähigkeit bei einem Facharzt für Psychiatrie in Auftrag zu geben.

Was genau beinhaltet eine Vorsorgevollmacht?

Zunächst einmal muss in der Vollmacht natürlich die Person benannt werden, die den Vollmachtgeber vertreten soll. Werden mehrere Bevollmächtigte bestellt, ist es wichtig, klarzustellen, ob jeder allein vertretungsberechtigt ist oder ob dies nur alle gemeinsam sind.

Sofern der Bevollmächtigte ausnahmsweise auch mit sich selbst Rechtsgeschäfte vornehmen darf – wenn er also etwa das Auto des Vollmachtgebers kaufen möchte –, ist es notwendig, ihn ausdrücklich vom Verbot des Insichgeschäfts (also den Beschränkungen des § 181 BGB) zu befreien.

Denkbar ist es auch, in der Vollmacht einen Kontrollbevollmächtigten zu bestellen, der die Tätigkeit des Bevollmächtigten überwachen soll, Auskunft und Rechenschaft verlangen kann, die Zustimmung zu bestimmten Rechtsgeschäften erteilen muss und der die Vollmacht widerrufen kann, wenn der Bevollmächtigte hiervon missbräuchlich Gebrauch macht.

Daneben finden sich in einer Vorsorgevollmacht üblicherweise Regelungen bezüglich der Gesundheitssorge und Pflegebedürftigkeit, des Aufenthalts und Wohnungsangelegenheiten, der Vermögenssorge, der Post und Telekommunikation, der digitalen Medien, der Behörden, der Vertretung vor Gericht, der Erteilung von Untervollmacht, der Geltung über den Tod hinaus und der Regelung der Bestattung.

Oft wird in der Vollmacht auch eine Betreuungsverfügung errichtet, nämlich für den Fall, dass trotz der erteilten Vollmacht die Anordnung einer rechtlichen Betreuung durch das Betreuungsgericht notwendig werden sollte.  

Was sind die häufigsten Probleme, die bei dem Gebrauch von Vorsorgevollmachten auftreten?

Leider sind Vorsorgevollmachten, die von den Betroffenen selbst errichtet wurden, oft unrichtig oder unvollständig, sodass eine Vertretung durch den Bevollmächtigten nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Viele Vollmachten enthalten zum Beispiel Formulierungen wie „Für den Fall meiner Geschäftsunfähigkeit … “ oder „Für den Fall meiner Betreuung … “. Eine solche bedingte Vollmacht ist zwar rechtlich zulässig, aber praktisch nicht zu gebrauchen. Denn je nach Formulierung müsste ein Gutachter jeweils zum Zeitpunkt der Ausübung der Vollmacht zweifelsfrei feststellen, dass in diesem Augenblick beim Vollmachtgeber Geschäftsunfähigkeit vorliegt oder Betreuungsbedürftigkeit eingetreten ist.

Aus dem gleichen Grund ist die Bestellung von „Ersatzbevollmächtigten” problematisch. Denn wer soll bei der Vorlage der Vollmacht zweifelsfrei feststellen, ob der Verhinderungsfall eingetreten ist?

Vielen Betroffenen ist auch nicht bekannt, dass sie den Bevollmächtigten vom Verbot des Insichgeschäfts ausdrücklich befreien müssen, falls dieser als Vertreter des Bevollmächtigten auch Rechtsgeschäfte mit sich selbst abschließen soll. So ist zum Beispiel die Gewährung eines Darlehens oder der Verkauf eines Gegenstandes zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten nur möglich, falls der Bevollmächtigte von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit wurde. Freilich muss der Vollmachtgeber sorgfältig überlegen, ob er auf diesen Schutz vor etwaigen Interessenkollisionen verzichten und dem Bevollmächtigten dieses Recht einräumen möchte.

Und für bestimmte Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt oder dem Handelsregister ist die öffentliche Beglaubigung der Unterschrift des Vollmachtgebers zwingend vorgeschrieben – eine privatschriftlich erstellte Vollmacht wäre in solchen Fällen formunwirksam. Banken und Sparkassen akzeptieren häufig sogar nur eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht oder eine Vollmacht, die mit Formularen des jeweiligen Kreditinstituts errichtet wurde.  

Ist es sinnvoll, die Unterschrift öffentlich beglaubigen oder gar die ganze Vollmacht notariell beurkunden zu lassen?

Wenn der oder die Bevollmächtigte über Grundbesitz verfügen oder GmbH-Anteile veräußern soll, dann ist die öffentliche Beglaubigung der Unterschrift des Vollmachtgebers zwingend erforderlich.

Wird nicht nur die Unterschrift öffentlich beglaubigt, sondern die gesamte Vollmacht notariell beurkundet, so wird der Vollmachtgeber vom Notar über die Bedeutung und Tragweite der Vollmacht belehrt. Zudem wird im Rahmen der Beurkundung auch die Identität des Vollmachtgebers und dessen Geschäftsfähigkeit in der Urkunde festgestellt. Außerdem händigt der Notar immer nur eine Ausfertigung der Vollmacht aus, da diese im Rechtsverkehr wie das Original wirkt. Im Verlustfall können somit neue Ausfertigungen der Vollmacht erteilt werden.

Im Ergebnis bietet die notarielle Beurkundung trotz der damit verbundenen Kosten viele Vorteile und ist grundsätzlich zu empfehlen. Allerdings setzt ein sachgerechter und ausgewogener notarieller Entwurf einer Vollmacht voraus, dass dem Notar konkrete Regelungen vorgeschlagen werden, die die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die individuellen Bedürfnisse des Vollmachtgebers bestmöglich berücksichtigen. 

Wo sollte die Vorsorgevollmacht aufbewahrt werden? 

Für den Nachweis einer wirksamen Bevollmächtigung ist es in Regel notwendig, dass das Original der Vollmachtsurkunde vorgelegt wird. Oft wird dem Bevollmächtigten die Urkunde nach Erteilung im Original übergeben. Wurde allerdings mit dem Bevollmächtigten vereinbart, dass er die Vollmacht nur im Notfall verwenden soll, so besteht die Gefahr, dass er sich über die Vereinbarung hinwegsetzt und sofort von dieser Gebrauch macht. Daher ist es denkbar, die Vollmachtsurkunde zunächst an einem sicheren Ort aufzubewahren. Allerdings sollte der Bevollmächtigte dann wissen, wo sich das Original der Vollmacht befindet, und er sollte Zugriff darauf haben, damit er im Fall der Fälle rasch handeln kann.

In jedem Fall sollte die Erteilung der Vorsorgevollmacht im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer gegen eine geringe Gebühr registriert werden. Die Existenz der Vorsorgevollmacht kann dann im Notfall elektronisch abgefragt, der Bevollmächtigte verständigt und die Anordnung einer rechtlichen Betreuung vermieden werden.  

Können Ehegatten wenigstens bei medizinischen Notfällen auch ohne Vollmacht für den anderen handeln? 

Nein, nach bisher geltendem Recht können Ehegatten ohne eine entsprechende Vorsorgevollmacht auch im äußersten Notfall keine Entscheidungen für ihren nicht mehr handlungsfähigen Partner treffen. Dies führt immer wieder zu großen Problemen, denn viele Ehegatten gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass sie in dringenden medizinischen Fällen den anderen vertreten können.

Zwar hat der Gesetzgeber nun reagiert und mit dem neuen § 1358 BGB ein gesetzliches „Notvertretungsrecht“ für Ehegatten beschlossen. So soll künftig der Ehegatte in bestimmten Fällen für den anderen Ehegatten Entscheidungen der Gesundheitssorge treffen können.

Allerdings wird dieses Gesetz voraussichtlich erst zum 1. Januar 2023 in Kraft treten und das Notvertretungsrecht vom Vorliegen verschiedener Voraussetzungen abhängig sein, die immer erst von einem Arzt im Einzelfall geprüft und schriftlich bestätigt werden müssen. Zudem regelt das Gesetz nur die Vertretung in Angelegenheiten der Gesundheitssorge. Daher werden Ehegatten wenigstens für alle anderen Angelegenheiten auch zukünftig selbst Vorsorge treffen müssen.  

Tipp Icon

Der Tipp des Experten:

Das individuelle Erstellen einer Vorsorgevollmacht ist immer „Maßarbeit“. Nur unter Berücksichtigung aller Aspekte des jeweiligen Sachverhalts, insbesondere auch der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Vollmachtgebers und den Kenntnissen und Fähigkeiten des Bevollmächtigten, können passende Regelungen für den jeweiligen Einzelfall gefunden werden. Dabei ist auf juristisch eindeutige Formulierungen zu achten. Für manche Angelegenheiten ist zudem die öffentliche Beglaubigung der Unterschrift zwingend vorgeschrieben. Vor dem Hintergrund, dass bei der Errichtung einer Vorsorgevollmacht leicht Fehler gemacht werden können und unwirksame Erklärungen oder ungeeignete Regelungen dramatische Folgen haben können, ist es für den Betroffenen wichtig, vor Erteilung einer Vorsorgevollmacht qualifizierten rechtlichen Rat einzuholen.

Weiterführende Infos: Lesen Sie auch unseren Artikel „Vorsorgevollmacht“. Schauen Sie sich zudem in unserem Bereich „Wenn wir nicht mehr selbst entscheiden können – Vorsorge­vollmacht, Betreuungs­verfügung & Patienten­verfügung“ um, wo Sie weitere wichtige Informationen zum Thema rechtliche Vorsorge und auch Vorlagen finden.

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