mitDemenzleben Folge 9 – Das richtige Wohnumfeld für Menschen mit Demenz

Mit Demenz barrierefrei wohnen - wie geht das?

Je weniger Spiegel, desto besser; eine automatische Herdabschaltung lohnt sich; gefüllte Ecken sind gute Ecken … In der neuen Folge von mitDemenzleben erfährst Du von Sophie Rosentreter mehr über das richtige Wohnumfeld für demenziell erkrankte Menschen.

Text zum Video

Willkommen zu #mitDemenzleben, meinem Videoblog, ich bin Sophie Rosentreter – hallo.
Heute geht es um das richtige Wohnumfeld für Menschen mit Demenz und da möchte ich Ihnen ein paar Tipps für die Häuslichkeit mitgeben, für die eigenen vier Wände.

Die Beleuchtung ist ganz wichtig. Menschen mit Demenz können sich vor dem Schatten fürchten. Selbst wenn das Sonnenlicht so schön einfällt, auf dem Boden, die Schatten, die dort gemacht werden von der Sonne, die können Angst einflößen.

Deckenfluter sind wichtig, aber auch indirektes Licht von unten, möglichst sämtliche Ecken ausleuchten, damit so eine Angst nicht entsteht.

Kommen wir zu Tapeten. Schönes Tapetenmuster mag schön sein, ist aber für Menschen mit Demenz teilweise nicht zu verstehen. Ich habe es auch schon erlebt, wie Menschen mit Demenz dann an der Tapete gekratzt haben, weil sie dachten, da ist doch was, was ich runternehmen kann. Also auch da gilt, weniger ist mehr. Genauso auch bei den Teppichmustern, auch die können verwirren.

Dann kommen wir zu dem Flur . Wenn man in den Flur reinkommt, ist da oft eine schöne Kommode mit Spiegel. So ein Spiegel kann Angst machen, weil ich als 80-jährige demenziell veränderte Dame mich wie 40 wahrnehme, und dann steht da auf einmal so eine alte Dame und äfft mich auch noch nach. Daher Spiegel abhängen. Das gilt auch für spiegelnde Oberflächen: Lieber mattieren, damit ich mich darin nicht erkenne oder Angst vor den Bewegungen habe, die dort stattfinden.

Es gibt mittlerweile ganz toll für den Flur, wenn man rausgeht, einen Gehstock mit Notruf, es gibt auch Sohlen mit Chip drin, es gibt für den Rollator einen Handyhalter.

Generell gilt, der Rollator ist ein wunderbares Hilfsmittel, das man unbedingt nutzen sollte, auch gerne in der Wohnung. Da muss natürlich Platz geschaffen werden, sodass man bis zum Schlafzimmer ans Bett rollen kann.

Der Handlauf ist auch wunderbar für den Flur oder andere Zimmer. Da kann man eine Ballettstange nehmen, oder möglichst auch eine Stange, die geriffelt ist, weil mir das dann auch wieder einen taktilen Reiz gibt und ich mich umso besser spüre.

Ecken, die sogenannte Sackgassen-Situation. Weiße Ecken können für Menschen mit Demenz eine Sackgasse sein. Sie kommen da reingelaufen und wissen nicht mehr, wie sie rauskommen. Deshalb Ecken gerne mit einem Schrank, einem Sessel, einer Kommode, vielleicht sogar mit einer Handtasche füllen. In dieser Handtasche kann ich dann auch gleich wühlen; es ist für uns Frauen sowieso wunderbar, in Handtaschen zu wühlen.

Bei Farben ist es wichtig, Terrakotta-Farben zu wählen, nicht Pastell, nicht weiß. Terrakotta-Farben sind gut für die Wände.

Für das Wohnzimmer gibt es auch spezielle Bewegungssessel für Menschen mit Demenz, die sind aber schweineteuer. Sie sind natürlich toll, sie schaukeln teilweise so, als ob du bei der Mutter auf dem Arm bist.

Was ich aber ganz besonders empfehlen kann, ist eine Drehscheibe, die man auf den Sitz legt. Mit ihr kann man als An- oder Zugehöriger die Person hin und her drehen und Ihr so leichter beim Aufstehen helfen. Das empfehle ich auch für das Auto. Dann kann man die Person auch rausdrehen und ihr helfen, auszusteigen. Und wenn die Drehscheibe nicht da ist, nehmen Sie eine Plastiktüte – hilft auch.

Was gibt es noch?
Im Bad, das ist so eine Sache: Ich muss erstmal mein Bad finden. Da empfehle ich generell Schränke und Türen sowie Zimmer sichtbar zu machen, durch kleine Schilder möglichst mit Foto und Schrift, damit ich dann sehen und lesen kann, wo eigentlich das Bad ist.

Im Bad ist es ja leider meistens so, dass die weiße Kloschüssel auf weißen Fliesen ist. Machen Sie die Toilette sichtbar! Kleben Sie einen blauen Klebestreifen auf die Klobrille. Das gilt genauso für das Waschbecken, damit ich es finde. Meine Handstützen, die dort sind, sollten unbedingt farbig sein, damit ich sie auch sehe. Sonst generell Angebote reduzieren. Gucken Sie auch, ob man den Badezimmerspiegel auch abhängen kann – wenn sich die Person nicht waschen lässt, könnte das auch daran liegen. Ansonsten helfen auch farbige Handtücher, damit ich mich orientieren und zurechtfinden kann.

Was gibt es noch? Ich würde sagen wir kommen zur Küche. Da gibt es mittlerweile etliche Hilfsmittel rund um das Geschirr, es gibt die tollsten Teller. Da sollten Sie sich auch bei der Pflegekasse informieren. Oder gehen sie ins Sanitätshaus. Oder schauen Sie im Internet, was es dafür tolle Sachen gibt. Generell zu empfehlen ist auch ein Wassermelder! Meine Großmutter hat gerne das Wasser angemacht und ist rausgegangen – es lief stundenlang. Wassermelder hilft. Und was auch wichtig ist, ist eine Herdabschaltung. Meine Großmutter hat auch gerne gekocht und hat den Kochtopf auf dem Herd gelassen und die Küche verlassen – und dann eben auch vergessen, dass sie am Kochen war. Feuerwehr rückte viermal an bei uns. Das kann man verhindern.

Ansonsten gibt es sicherlich noch ganz viele andere Tipps.

Ach, wir waren noch nicht im Schlafzimmer. Das wollte ich noch sagen: Das Pflegebett ist so eine Sache. Mein Ehebett, das seit 20 Jahren da ist, das muss ich nun aufgeben. Machen Sie es! Es ist für Sie als begleitende An- und Zugehörige absolut hilfreich, weil es rückenschonend ist; und für den Betroffenen ist es auch leichter, rauszukommen. Dann gibt es noch die Klingelmatten: Es gibt die teure Version, die bei 120 € oder so liegt. Es gibt aber auch aus dem Tierbedarf eine Katzenmatte, die kostest ein bisschen über 10 €, und wenn man runterfällt oder aufsteht in der Nacht, dann hört das die andere Person und bekommt ein Signal.

Und noch eine Stolperfalle: der Teppich! Meine Großmutter hat den Teppich geliebt, aber sie ist irgendwann gestolpert und hat sich die Hüfte gebrochen. Dann haben wir den weggenommen. Wenn jetzt wirklich das Herz an diesem Teppich hängt, dann kann man daraus auch einen Wandteppich machen oder wirklich ganz, ganz doll festkleben, so dass man darüber nicht stolpert.

Das waren jetzt erstmal meine Tipps. Sie können sich wunderbare Musterwohnungen angucken, es gibt etliche mittlerweile und die empfehle ich wärmstens. Vielleicht schauen sie auch im Internet, denn die ein oder andere ist auch online begehbar.

Liebe Grüße und bis zum nächsten Mal alles Gute.