Die Zukunft der Pflege

In unserer alternden Gesellschaft wird es in Zukunft immer mehr pflegebedürftige Menschen geben. Aufgrund niedriger Geburtenraten sinkt gleichzeitig die Zahl der pflegenden Angehörigen sowie der potenziellen Pflegekräfte. Große und kleine Pflegeanbieter müssen gleichermaßen Wege finden, auf diese Entwicklung zu reagieren. Dabei gilt es, den Wunsch älterer Menschen nach einem möglichst selbstbestimmten Leben zu berücksichtigen. Neue und innovative Pflegeformen und -konzepte sind gefragt.
Doch wie genau sollte die Pflege der Zukunft aussehen? Welche Rolle spielt dabei Digitalisierung? Und wie hat die COVID-19-Pandemie die Pflegebranche und den Alltag der Menschen in den Einrichtungen verändert? Zu diesen und weiteren Themen haben wir mit Arno Schwalie, CEO von Korian Deutschland, gesprochen. Mit über 250 Einrichtungen und 35 Ambulanten Diensten ist Korian Deutschland hierzulande der größte private Betreiber von Alten- und Pflegeheimen. 

Pflegedienst

Herr Schwalie, welche Vorteile bietet die Größe eines Konzerns wie Korian im Hinblick auf die Pflege und Betreuung von Bewohnern sowie für die Mitarbeiter?

Die Pflege steht vor sogenannten „Mega-Trends“, die die Branche radikal verändern. Dazu zählen unter anderem der demografische Wandel, die Zunahme chronischer Krankheiten, zunehmende Ansprüche an die Pflege sowie die Digitalisierung. Zudem müssen wir uns auch für den Fall künftiger Pandemien rüsten. Diese Trends betreffen uns alle – egal, ob privater, gemeinnütziger oder kommunaler Anbieter. Diese Herausforderungen können durch Kommunen und freigemeinnützige Träger allein nicht gestemmt werden. Als großes Unternehmen verfügen wir über wirtschaftliche Größenvorteile. Mit Standards und Skalen-Effekten sparen wir Kosten, zum Beispiel in Einkauf und IT. Und je wirtschaftlicher wir arbeiten, desto mehr können wir in Innovationen und Pflegequalität investieren. 

Arno Schwalie

CEO von Korian Deutschland

Wie wichtig ist die Digitalisierung in der Pflege?

Digitalisierung bietet uns zusätzliche Chancen, auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen. Das hat sich gerade in der Corona-Pandemie gezeigt: Da all unsere Einrichtungen über Tablets verfügen, konnten die Bewohner auch im Lockdown an virtuellen Gottesdiensten teilnehmen und in Verbindung mit ihren Angehörigen bleiben. Inzwischen haben wir eine App, die Besuche von Angehörigen koordiniert und so auch unsere Mitarbeiter entlastet. Es gibt viele weitere Beispiele, wie den Online-Lieferservice Bringliesl oder unser digital unterstütztes Trainingsprogramm Korian-fit. Gemeinsam ist all diesen Angeboten, dass sie sehr gut angenommen werden. Denn gerade erst hat eine Ipsos-Umfrage gezeigt, dass Seniorinnen und Senioren viel digitaler sind, als wir oft meinen. So nutzt rund die Hälfte soziale Netzwerke oder Online-Banking. Weil es ihr Leben erleichtert und bereichert. Diesen Trend müssen wir in der Pflege noch stärker nutzen. Jüngste politische Impulse, vermehrt digitale Lösungen als Pflegehilfsmittel verordnen zu können, sind ein wichtiger Schritt. Zudem müssen wir die digitale Kompetenz bei Pflegekräften, Angehörigen und Pflegebedürftigen weiter stärken – damit wir alle die Chancen von Technologien sehen und gemeinsam nutzen. 

Wie sieht die Pflege der Zukunft aus?

Die Menschen möchten im Alter so autonom und selbstbestimmt wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung wohnen bleiben. Diesem Anspruch müssen künftige Pflegeformen gerecht werden – zum Beispiel in modernen Plattformeinrichtungen, die verschiedene Angebote unter einem Dach vereinen: stationäre Pflege, Betreutes Wohnen, ambulante Pflege und Tagespflege. Ein wichtiger Trend sind auch Pflege-WGs, die zum Beispiel Pflegebedürftigen aus ländlichen Gegenden erlauben, in ihrem Umfeld wohnen zu bleiben, anstatt in ein entferntes Pflegeheim zu ziehen. Auch hier spielt die Digitalisierung eine zentrale Rolle. So wird etwa ein Teil der ambulanten Pflege überhaupt erst möglich, wenn die Kunden zu Hause ständig gemonitort werden können und stets eine optimale Kommunikation und Koordination aller Beteiligten gewährleistet ist. 

Der Fachkräftemangel in der Pflege wird sich künftig noch weiter verschärfen. Wie kann man dieser Entwicklung entgegenwirken? 

Der Fachkräftemangel ist eine der drängendsten Herausforderungen in der Pflege. Um ihm zu begegnen, brauchen wir ein Gesamtpaket. Dazu gehört natürlich auch eine faire Bezahlung. Für die Zufriedenheit und Motivation der Pflegekräfte sind oft aber auch andere Faktoren ausschlaggebend: An erster Stelle steht eine zuverlässige Dienstplanung. Zudem legen die Beschäftigten großen Wert auf gute Ausbildung, Weiterbildung und Karrierechancen. Als großer Anbieter können wir mit der KORIAN Akademie hier ein Weiterbildungsprogramm und vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Denn nur so begeistern wir Menschen nachhaltig für den Pflegeberuf. 

Kritiker sagen, Renditeorientierung ist nicht mit hochwertiger pflegerischer Versorgung vereinbar. Wie reagieren Sie auf solche Kritik? 

Unser Kerngeschäft ist die Pflege. Als Anbieter können wir nur dann erfolgreich sein, wenn Bewohner, Angehörige und Mitarbeiter von der Qualität unserer Pflege langfristig überzeugt sind. Daher haben wir in den letzten Jahren stets zwei Drittel des Gewinns in qualitatives Wachstum, Innovation und unsere Mitarbeiter reinvestiert. So erlaubt uns gerade das verantwortungsvolle Wirtschaften mit den Ressourcen, unser Pflegeangebot stetig zu verbessern. 

Wie stark haben die aktuellen Corona-Regelungen den Alltag in Ihren Einrichtungen beeinträchtigt? 

Die Pandemie hat das Leben und Arbeiten in unseren Einrichtungen ganz massiv beeinflusst. Denn als Hochrisikogruppe sind unsere Bewohner besonders schutzbedürftig. Daher haben wir sehr frühzeitig und konsequent eine Reihe von Schutzmaßnahmen umgesetzt. Der Preis dafür war allerdings eine zeitweilige soziale Isolation der Pflegebedürftigen, die sich teils auch in sozialen Spannungen entladen hat. Zudem stehen unsere ohnehin schon sehr geforderten Pflegkräfte nun fast ein Jahr unter zusätzlicher Belastung. Zusammen arbeiten wir jeden Tag daran, die schwierige Balance zwischen größtmöglicher Lebensqualität und größtmöglichem Schutz für unsere Bewohner zu meistern. Daher begrüßen wir auch ausdrücklich die nationale Teststrategie der Bundesregierung und die Einführung der Antigen-Schnelltests in Pflegeheimen. Zur Umsetzung dieses Testkonzepts brauchen die Einrichtungen aber personelle Unterstützung. Denn nur so können wir die zusätzliche Belastung für unsere Mitarbeiter in Grenzen halten und die Schnelltests für Mitarbeiter, Bewohner und Besucher auch tatsächlich gewährleisten. 

Ist es für die Einrichtungen eines Konzerns wie Korian einfacher, auf die COVID-Pandemie zu reagieren, als für Einrichtungen kleinerer Betreiber?

Gerade unsere Strukturen und Ressourcen als großer privater Pflegeanbieter haben uns geholfen, in solch einer Krisensituation schnell und wirksam zu handeln. Durch den Informationsaustausch im Unternehmen waren wir in der Lage, rasch neue Schutzkonzepte zu erarbeiten, die Ausrüstung mit Schutzmaterialen durchgehend sicherzustellen und unsere Mitarbeiter frühzeitig zu schulen. So wussten wir bereits im März von unseren Kolleginnen und Kollegen insbesondere aus Norditalien, dass die Corona-Pandemie nicht vergleichbar sein würde mit einer Grippewelle aus den vorherigen Jahren. 

Wie hat die Corona-Pandemie die Pflegebranche verändert und was haben wir für die Zukunft gelernt?

Corona hat uns allen schlagartig verdeutlicht, dass Pflege eine zentrale Herausforderung für unsere ganze Gesellschaft ist. Wir müssen sie noch stärker in das Bewusstsein von Politik und Öffentlichkeit rücken – auch über diese Pandemie hinaus. Denn nur gemeinsam können wir die Transformation der Pflegebranche voranbringen – sei es bei der Entwicklung digitaler Assistenzsysteme oder neuer Pflegeformen. Die Krise war hier ein Katalysator für Innovation. Diese Dynamik müssen wir fortführen. Zudem müssen wir als Gesellschaft den Pflegekräften endlich die Anerkennung zukommen zu lassen, die ihnen gebührt. 

Der Tipp unseres Experten: Krisen bieten immer auch die Chance, sich auf das zu besinnen, was uns gesamtgesellschaftlich wirklich wichtig ist. Das haben wir getan, indem wir uns mit voller Kraft auf das Wohl der Menschen und die Weiterentwicklung der Pflege konzentriert haben. Diesen klaren Fokus sollten wir alle beibehalten – auch über die Krise hinaus.

Weiterführende Infos: Da Senioren und pflegebedürftige Menschen ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen möchten, sind mittlerweile eine Reihe verschiedener Wohn- und Pflegeformen als Alternativen zum klassischen Pflegeheim entstanden. Erfahren Sie mehr dazu in unserem Bereich „Wohnformen und Betreuungskonzepte“. 

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