Mobilisation in der Pflege: Erhaltung und Förderung der Mobilität (mit Übungen)

Das Wichtigste in Kürze:

  • Bewegungsmangel erhöht bei Senioren das Risiko körperlicher sowie geistiger Erkrankungen und steigert die Sturzanfälligkeit.
  • Mobilisationsübungen gehören für viele ambulante Pflegedienste und Heime zur Grundpflege.  
  • Es handelt sich dabei um gezielte Bewegungsübungen zur Förderung der Mobilität und zur Sturzprophylaxe.  
  • Nach vorheriger fachkundiger Anleitung können viele dieser Übungen auch allein durchgeführt werden. 

Viele Seniorinnen und Senioren unterschätzen, wie wichtig es ist, sich ausreichend zu bewegen. Im Alter erhöht ein Mangel an Bewegung das Risiko körperlicher sowie geistiger Erkrankungen erheblich. Er verursacht nicht selten Einschränkungen in der Mobilität, die wiederum Verlust der Selbstständigkeit, Abhängigkeit und soziale Isolation mit sich bringen. Auch steigt die Sturzgefahr, denn es kommt zum Muskelabbau, und fehlende Muskelkraft ist bei älteren Menschen die häufigste Ursache für Stürze. Hier droht eine gefährliche Abwärtsspirale: Bewegen sich Senioren zu wenig, weil sie Angst haben, zu stürzen, führt dies zu körperlicher Kraftlosigkeit und erhöht somit die Sturzanfälligkeit. Und kommt es dann tatsächlich einmal zum Sturz, ist oft Bettlägerigkeit die Folge. Ist ein älterer Mensch bettlägerig, baut sein Körper rapide ab und die möglichen Folgeerkrankungen können bis hin zum Tod führen. 

Mobilisation in der Pflege

Um ein solches Szenario zu vermeiden und die eigene Mobilität zu fördern, empfehlen sich sogenannte Mobilisationsübungen. Es handelt sich dabei um ein auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse der hilfebedürftigen Person abgestimmtes Bewegungstraining, das von ambulanten Pflegediensten sowie in Pflegeeinrichtungen angeboten wird, prinzipiell aber auch selbstständig durchgeführt werden kann.  

Bewegungsmangel erhöht das Risiko verschiedener Erkrankungen

Wer im Alter eher auf Bewegung verzichtet und stattdessen auch tagsüber lieber viele Stunden am Stück liegt oder sitzt, etwa um seinen Körper zu schonen, erhöht seine Anfälligkeit für eine Reihe verschiedener Erkrankungen, darunter Dekubitus (Druckgeschwüre), Thrombosen (Gefäßverschlüsse durch Blutgerinnsel) und Kontrakturen (Versteifung der Gelenke). Bewegungsmangel führt zudem oft zu einer übermäßigen Gewichtzunahme, die wiederum das Risiko von Diabetes, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und Bluthochdruck steigert. 

Bewegung ist aber nicht nur für den Körper, sondern auch für den Geist wichtig. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass sportliche Aktivität geistigen Leistungseinschränkungen im Alter entgegenwirkt und sowohl bei der Vorbeugung als auch bei der Behandlung von Demenzerkrankungen einen positiven Effekt hat. Das liegt zum einen daran, dass Sport und Bewegung (in Verbindung mit guter Ernährung) vor Risikofaktoren wie Bluthochdruck, hohen Cholesterinspiegel oder Gefäßverkalkung schützen. Zum anderen regen sie den Hirnstoffwechsel an und führen dazu, dass sich neue Nervenzellen im Hippocampus, dem Lernzentrum des Gehirns und der Schaltstelle zwischen Kurz- und Langzeitgedächtnis, bilden. 

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Bewegungsmangel das Leben verkürzt und die Lebensqualität mindert. Lesen Sie dazu auch unser Experteninterview „So wichtig ist Bewegung im Alter“.

Mobilisation als Teil der Grundpflege

Die Mobilität älterer und pflegebedürftiger Menschen zu erhalten und zu verbessern, zählt zu den zentralen Zielen professioneller Pflege. Um das zu erreichen, bieten ambulante Pflegedienste und Heime ihren Kunden Mobilisationsübungen als Teil der grundpflegerischen Versorgung an. Bei diesen Übungen handelt es sich um gezieltes Bewegungstraining, das die Beweglichkeit einzelner Körperteile oder des ganzen Körpers fördert und je nach Gesundheitszustand der hilfebedürftigen Person auch im Liegen durchgeführt werden kann. Betroffene absolvieren das Training unter der Anleitung der Pflegekraft und – falls erforderlich – auch mit ihrer Unterstützung. Es soll ihnen zu einem selbstständigeren, aktiveren sowie sozialeren Leben und damit zu mehr Lebensqualität verhelfen. Der- oder diejenige wird beispielsweise wieder in die Lage versetzt, das Bett ohne fremde Hilfe zu verlassen. Zudem senkt regelmäßiges Bewegungstraining die Sturzgefährdung (Sturzprophylaxe) sowie das Risiko körperlicher und geistiger Erkrankungen.
Sprechen Sie bei Bedarf Ihre Pflegekraft auf das Thema Mobilisationsübungen an und äußern Sie den Wunsch, dass sie diese mit Ihnen durchführt.  

Info: Expertenstandard für Mobilisationsübungen  
Um eine hohe Qualität der Mobilisation in der professionellen Pflege flächendeckend zu etablieren, arbeiten Forscher aktuell an dem Expertenstandard „Erhaltung und Förderung der Mobilität in der Pflege“. Dieser enthält wissenschaftlich fundierte Leitlinien für das Angebot, die Planung und die Umsetzung aktivierender und mobilisierender Pflegemaßnahmen. 

Wie kann ich mich selbst fit halten?

Mobilisationsübungen können Sie aber auch allein durchführen. Dabei ist es jedoch wichtig, dass Sie Ihre Trainingspläne mit Ihrem Hausarzt oder mit Ihrer Pflegekraft besprechen, um sich wichtige Hinweise und Empfehlungen einzuholen. Sie sollten unbedingt darauf achten, dass Sie sich nicht überanstrengen. Meist reichen zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche, jeweils mit einem Ruhetag dazwischen. Bei Fiebererkrankung oder direkt nach dem Essen sollten Sie auf die Übungen verzichten. Treten während einer Übung Schmerzen oder Atemnot auf, ist das Training sofort abzubrechen. Denken Sie auch daran, ausreichend zu trinken, denn durch das Schwitzen verliert Ihr Körper sehr viel Flüssigkeit und es kann zu einer Dehydrierung kommen.
Je nachdem, was Ihr Gesundheitszustand erlaubt, haben Sie die Möglichkeit, im Stehen, im Sitzen oder im Liegen zu trainieren. Sie können natürlich auch gezielt das Aufstehen, Hinsetzen und Hinlegen üben.


Beispiele für Übungen im Stehen: 

  • Stellen Sie sich neben einen Stuhl und halten Sie sich mit einer Hand an der Stuhllehne fest. Heben Sie das Knie so weit wie möglich und ziehen Sie dabei die Fußspitze an. Versuchen Sie, nicht in der Taille abzuknicken. Gehen Sie anschließend wieder in die Ausgangsposition zurück. Wiederholen Sie die Übung mit dem anderen Bein. Um das Training effektiver zu machen, können Sie auch Gewichtsmanschetten verwenden.
  • Stellen Sie sich hinter den Stuhl und halten Sie sich mit beiden Händen an der Stuhllehne fest. Nehmen Sie eine möglichst aufrechte Haltung ein. Drücken Sie sich so weit wie möglich in den Zehenstand und senken Sie sich anschließend langsam wieder in die Ausgangsposition ab. Heben Sie nun die Fußspitzen an, sodass Sie nur auf den Fersen stehen, und nehmen Sie danach wieder Ihre Ausgangsposition ein.
  • Auch für diese Übung stellen Sie sich hinter den Stuhl und halten sich mit beiden Händen an der Stuhllehne fest. Spreizen Sie die Beine etwas mehr als hüftbreit auseinander. Beugen Sie nun langsam die Knie und schieben Sie dabei das Gesäß nach hinten, so als würden Sie sich setzen. Beim Absenken des Gesäßes dürfen die Knie nicht nach vorne geschoben werden, sondern sollen über den Fußspitzen bleiben. Gehen Sie anschließend wieder in die Ausgangsposition zurück.
  • Sollte es Ihnen nicht möglich sein, die Kraft für die genannten Übungen aufzubringen, empfiehlt es sich – soweit möglich –, einige Schritte in Bettnähe zu machen. Bereits kurzes Stehen oder Schreiten neben dem Bett verbessert die Durchblutung.


Beispiele für Übungen im Sitzen:

  • Setzen Sie sich in einen Stuhl mit Armlehnen, und zwar auf den vorderen Teil der Sitzfläche. Strecken Sie die Beine aus. Die Fersen berühren den Boden. Greifen Sie nun die Armlehnen und stemmen Sie sich möglichst weit nach oben. Senken Sie sich dann vorsichtig wieder in die Ausgangsposition ab.
  • Nehmen Sie in jede Hand eine Hantel, setzen Sie sich aufrecht hin und lehnen Sie sich dabei nicht an. Lassen Sie zunächst einmal die Arme locker runterhängen. Heben Sie sie dann seitlich und mit nur leicht gebogenem Ellenbogen an, bis Ihre Arme eine Linie bilden (parallel zum Boden). Lassen Sie die Arme anschließend langsam wieder runter.
  • In der Ausgangsposition halten Sie die Hanteln ein paar Zentimeter vor Ihrer Brust, und zwar so, dass sie sich berühren. Führen Sie nun die Hanteln mit einer Ziehharmonika-Bewegung nach außen, etwa bis auf Höhe der Armlehnen. Bringen Sie dann die Hanteln wieder zusammen, sodass sie sich erneut berühren.


Beispiele für Übungen im Liegen:

  • In der Ausgangsposition liegen Sie mit ausgestreckten Beinen. Beugen Sie nun ein Knie, sodass sich die Ferse auf das Gesäß zubewegt – so weit wie möglich. Die Ferse darf dabei nicht den Kontakt zur Liegefläche verlieren. Strecken Sie das Bein anschließend wieder aus und wiederholen Sie die Übung mit dem anderen Bein.
  • Ziehen Sie die Fußspitzen mit gebeugten Zehen an, sodass sich die Zehen ein paar Zentimeter in Richtung Knie bewegen. Strecken Sie sie anschließend. Damit trainieren Sie das Fußgelenk und kräftigen die Wadenmuskulatur.
  • In der Ausgangsposition liegen die Arme neben dem Körper ausgestreckt. Heben Sie nun die Arme, ohne die Ellenbogen zu beugen, sodass sie einen 90-Grad-Winkel zum Körper bilden. Bewegen Sie die Arme anschließend wieder nach unten.

Häufigkeit und Intensität des Trainings

In Ratgebern wird häufig pauschal empfohlen, Mobilisationsübungen zwei- bis dreimal pro Trainingstag durchzuführen und die jeweilige Übung etwa zehnmal zu wiederholen. Wie oft und mit welcher Intensität Sie jedoch das Training tatsächlich durchführen sollten, hängt von Ihrem individuellen Gesundheitszustand ab. Hierzu benötigen Sie professionelle medizinische Beratung.  

Für ein selbständiges Training zu Hause empfehlen wir Ihnen die nachfolgenden Trainingsvideos von der AOK Nordost.

Tipp: Videospiele kompensieren Bewegungsmangel im Gehirn 
Immer mehr ältere Menschen entdecken die Gaming-Welt für sich. Keine Wunder: Die Games machen sehr viel Spaß und halten zudem den Geist fit. Sie kompensieren zumindest im Gehirn einen altersbedingten Bewegungsmangel, weswegen sie sich ganz besonders für stark bewegungseingeschränkte Senioren empfehlen – zum Beispiel für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer. Für ältere Menschen, die noch einigermaßen mobil sind, gibt es zudem sogenannte Bewegungsspiele, bei denen reale Bewegungsabläufe – zum Beispiel das Werfen einer Kegelkugel – vor dem Bildschirm nachgeahmt werden. Dadurch werden auch die Motorik und die Koordinationsfähigkeit trainiert. Mehr zum Thema Videospiele für Senioren erfahren Sie hier.

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